Sehr geehrte BVfK-Mitglieder,
5,7 Milliarden Euro befinden sich in der Kasse der Finanzinvestoren Blackstone und Hellman & Friedman zur geplanten Übernahme von Scout24. Das bedeutet 46 € pro Aktie, die man dann bereit ist zu zahlen, um in den Besitz von mindestens 50 % der Unternehmensanteile gelangt. Das Angebot war bis zum 9. Mai, also vorgestern befristet. Auch wenn Konkretes voraussichtlich erst Montag bekannt gegeben wird, ist derzeit davon auszugehen, dass die Übernahme gescheitert ist, denn die angestrebte Mehrheitsübernahme soll weit verfehlt worden sein, womit der gesamte Deal geplatzt wäre.
Nach einer Übernahme wollten die Investoren die Scout-Gruppe durch Zukäufe stärken und hatten dabei die demnächst wohl zum Verkauf stehenden Ebay-Tochter mobile-de im Blick.
Ob ein Scheitern all dieser Pläne eine gute Nachricht wäre, wird sich herausstellen. Jedenfalls ist es für den Autohandel von Vorteil, wenn der Wettbewerb erhalten bleibt. Einen Blick über die Grenzen in andere Länder, wo es nur eine relevante Kfz-Plattform gibt, zeigt, wohin das führt: Geringere Leistungen und höhere Preise.
Doch es gibt weitere Erkenntnisse, die sich aus dieser Situation ziehen lassen:
Im Jahr 2004 verkauften die Gebrauchtwagenhändlern Rüdiger und Hans-Christian Bartholatus und zwei Programmierer mobile-de für damals sensationelle 121 Millionen € an ebay. 15 Jahre später soll der Wert des Konkurrenten incl. seiner sonstigen Sparten bei 5,7 Milliarden Euro betragen. Das wäre fast das 50-fache. Wer sich damals also mit 100.000 € beteiligt hätte, könnte sich heute ca. 5 Millionen einstecken, wenn der Verkauf funktionieren würde.
Dies bestätigt, dass in der automobilen Wertschöpfungskette dort am meisten verdient wird, wo man nichts verkauft, was man anfassen oder wie eine Machine verwenden kann und wo gleichzeitig der verhältnismäßig geringste Aufwand betrieben wird. Man kann auch sagen:
Diejenigen, die am meisten schuften, riskieren und investieren, verdienen am wenigsten.
Das ist nicht neu. In der Gastronomie gelingt es den Brauereien seit Jahrzehnten mit einem Produkt, welches zu über 90 % aus Wasser besteht, Renditen zu erwirtschaften, von denen die Wirtsleute hinter der Theke nur träumen können. Coca-Cola kann es übrigens noch besser.
Welche Rückschlüsse ziehen wir daraus? Autoladen dicht machen, alles Geld zusammenkratzen und in IT investieren? Wohl kaum, denn der geplatzte Deal dürfte ein weiteres Anzeichen dafür sein, dass sich die Autowelt weiterhin rasant ändert und es nach wie vor schwer ist, einigermaßen sichere Prognosen zu stellen.
Ist der Verbrennungsmotor bald ebenso Vergangenheit, wie das Automobil als Statussymbol vor der heimischen Garage? Wird Mobilität stattdessen emotionslos geplant und empfunden? Es ist bereits heute möglich, jeglichen Verkehr mit einem Bruchteil an Aufwand zu organisieren. Digitale Verkehrskonzepte benötigen keine Fahrer und kennen keine Staus. Dabei reichen technisch anspruchslose rollende Plastik-Pappschachteln mit nur wenigen Verschleißteilen aus. Es würde kaum noch etwas zu reparieren geben und auch die meisten Karosseriebauer würden wegen drastisch zurückgehender Unfallzahlen arbeitslos.
Last but not least werden die Automobilkonzerne die komplette Wertschöpfungskette an sich ziehen und damit auch den Autohandel überflüssig machen.
Es ist nicht die Frage, ob das alles möglich ist, sondern nur, was davon in welcher Geschwindigkeit und Intensität kommen wird. Und daher steht infrage, ob die nahe oder ferne Zukunft genau so, oder nicht doch ein wenig anders aussehen wird.
Es ist so, wie mit dem Wetter: Trotz modernster Computerprogramme und der Aussendung von Milliarden von Daten rund um den Globus funktionieren Wetterprognosen im Grunde genommen nur für drei Tage, denn bereits jeder dampfende Kochtopf beeinflusst Luftdruck und -strömung.
Die Planer von Autoscout24 und ihre Investoren hatten vermutlich einige Kochtöpfe nicht im Blick, als sie ihren Milliardendeal planten. Und das, verehrte BVfK-Mitglieder veranlasst uns, weiterhin optimistisch in die Zukunft zu schauen und seit nunmehr bald 20 Jahren wie auch weiterhin dafür zu sorgen, dass immer mehr freie Kfz-Händler davon überzeugt sind:
BVfK, das ist „alles Gute für meinen Autohandel!"
Ihr
Ansgar Klein
Geschäftsführender Vorstand
Bundesverband freier Kfz-Händler BVfK e.V.
Feedback immer gerne direkt an: vorstand@bvfk.de